Im Wohnzimmer der Wildtiere
13.01.2025
Allgemein, Printmagazin "Anders g'schaut"
13.01.2025
Allgemein, Printmagazin "Anders g'schaut"
Wir sind unterwegs mit Michaela Mannie, Salzburgs erster Hegemeisterin und Jägerin aus Leidenschaft.
Die Faszination Jagd ist seit Langem in der Familie von Michaela Mannie verwurzelt. Bereits Vater und Großvater waren passionierte Jäger und haben ihr diese Leidenschaft schon in die Wiege gelegt. Als erste Frau in der Eugendorfer Jägerschaft begann ihr Weg vor mehr als 18 Jahren mit der Jagdprüfung. Heute ist sie die erste Hegemeisterin im Bundesland Salzburg und geht ihren überzeugten Weg zwischen Naturschutz, Tierschutz und Artenvielfalt. Sie schlägt diplomatisch erforderliche Brücken zwischen der Hege und Pflege von Wildtieren, der wirtschaftlichen Nutzung des Waldes und der Integration des Menschen als Gast im Wohnzimmer der Wildtiere.
Gemeinsam mit Jagdhündin Nala gehen wir am frühen Morgen durch das eigene Jagdrevier in Eugendorf Schwaighofen-Berg. Die Luft ist klar, noch ein bisschen frisch von der Nacht, ein leichter Wind weht und die aufgehende Sonne wirft ein einzigartiges Licht durch die Bäume. Auch die Tiere erwachen langsam. Wir bekommen sie jedoch nicht zu sehen, vermutlich hat der Wind unseren Geruch schon lange vor unserem Eintreffen als Warnung vorausgeschickt. Lediglich die Vögel lassen sich von unserer Anwesenheit nicht von ihrem frühmorgendlichen Konzert abhalten.
Bei vielen Menschen, die sich nicht mit dem Thema Jagd befassen, ist im Kopf das Bild des schießwütigen Jägers verankert. »Weit gefehlt«, erklärt uns Michaela Mannie: »Wenn ein Jäger auf die Jagd geht, heißt das nicht automatisch, dass er ein Tier entnimmt. Dieser Anteil beträgt rund ein Promille im Vergleich zu den anderen Tätigkeiten, die zur Jagd gehören.«
Das Gewehr schultern und auf die Jagd gehen? Nein – die Jagd umfasst mehr, als wir uns vorgestellt haben. »Beispielsweise müssen wir als Jägerschaft für einen gesunden und artenreichen Wildbestand sorgen. Das meint unter anderem Biotopverbesserungen, Rückzugsgebiete und Winterfütterungsplätze für das Wild zu schaffen«, verrät uns Mannie. »Wichtig ist auch der Schutz vor Wildschäden zum Beispiel durch Verbiss an Bäumen.« Ebenso müssen Reviereinrichtungen wie Hochstände, Pirschwege und Fütterungen gebaut und vor allem gepflegt, das Futter rechtzeitig vor Winterbeginn gekauft und ausgebracht werden. Weiters erklärt die passionierte Jägerin: »Ein wesentlicher Punkt ist die Beobachtung der Tiere und ein rasches Handeln. Das kann unter anderem nötig werden, um die Verbreitung eventuell ansteckender Erkrankungen zu verhindern, denn der Schutz von Mensch und Tier ist eine wichtige Pflicht für uns Jäger. Auch die Nachsuche bei verunfallten Wildtieren liegt uns am Herzen. Die Unfälle passieren großteils in der Dämmerung oder nachts, da hier das Wild am aktivsten ist. Wir suchen mit unseren ausgebildeten Jagdhunden, damit die Tiere schnellstmöglich gefunden werden und so unnötiges Leid vermindert wird.« Auch vor der Mahd steht eine weitere große Aufgabe an – die Rettung von Jungtieren. In enger und guter Abstimmung mit den ansässigen Landwirten wird mithilfe von Hunden sowie in Zukunft auch mit Drohnen in den hohen Wiesen die Suche nach Rehkitzen, Hasen sowie nach Eiern und Jungvögeln von Enten und Fasanen durchgeführt, die dort zum Schutz vor tierischen Feinden versteckt werden.
Mit größter Sorgfalt werden die zum Teil erst wenige Tage alten Tiere mit Handschuhen und Grasbüscheln vorsichtig in Sicherheit gebracht bis fertig gemäht ist. »Wir markieren auch Kitze mit einer Ohrmarke. So können wir die Wege, die sie im Laufe ihres Lebens nehmen, verfolgen und lernen noch mehr über die Wildtiere. Das wiederum können wir im weiteren Schritt zu ihrem Schutz verwenden«, so Mannie.
Zu oft haben wir schon von »Rabenmüttern« unter den Geißen oder Hasen gehört und gelesen. Aber was hat es mit den verlassen wirkenden Tierbabys auf sich, die allein im hohen Gras liegen? Und dürfen wir sie einfach mitnehmen und »retten«? »Die Mütter legen ihre Kleinen ganz bewusst im hohen Gras ab. Im Wald wäre es viel einfacher für Raubtiere, wie dem Fuchs, den Nachwuchs zu finden. Das hohe Gras schützt sie und damit die Raubtiere nicht bemerken, dass sich dort eine leichte Beute befindet, hat die Natur es so eingerichtet, dass die Mütter nur wenige Male am Tag, eben nur zum Säugen, zu den Kleinen kommen. Durch eine fettreiche Milch wird dies möglich. Dazu kommt, dass die Kitze in den ersten Lebenstagen noch keinen Eigengeruch besitzen, was sie zusätzlich schützt«, erklärt uns die Jägerin. Vom Mitnehmen der Tierbabys rät uns Michaela Mannie dringend ab.
Die Reviere im Bundesland Salzburg sind in 48 Hegeringe aufgeteilt. Jeder ist ein großes Revier, das auch über Gemeindegrenzen hinweg von einem Hegemeister betreut wird. In unserem Fall ist es der Hegering Eugendorf/Hallwang. »Als Hegemeisterin bin ich das Bindeglied zwischen der Salzburger Jägerschaft, den Landesbehörden und der Gemeindejagd. Zu meinen wichtigsten Aufgaben gehören, neben der Überwachung jagdlicher Vorschriften, die Wildbeobachtung, die Vorbereitung der Unterlagen für die Abschussplanbesprechung, die Vermeidung von Wildschäden sowie die Folgen des Klimawandels für die Tiere im Blick zu behalten bis hin zur Konfliktlösung mit Freizeitnutzern im Wald«, erklärt uns Michaela Mannie.
Abschusspläne sind zeitgemäßer denn je, lernen wir bei unserem Tag im Wald. Denn sie regulieren die Wildtierpopulation und helfen, das ökologische Gleichgewicht zu bewahren. Haben doch die Tiere im Wald heute längst nicht mehr so viel Platz wie noch vor hundert Jahren.
Darum gilt es in den Abschussplänen abzuwägen, wie groß der jeweilige Lebensraum in dem Revier ist, wieviel Wild darin Platz hat und dabei auch ruhige Rückzugsräume findet. Die Jägerschaft hat dann die Aufgabe, diese Abschusspläne zu erfüllen, erklärt uns die Hegemeisterin.
Wie gesund ist Wild?
Wildfleisch hat eine sehr gute Ökobilanz. Es ist reich an Omega-3-Fettsäuren, fettarm und natürlich gewachsen. Dabei ganz wichtig: Wildtiere kommen ohne Medikamente aus, fressen feinste Gräser und Kräuter der Region und werden stressfrei durch einen Schuss entnommen. »Mein Lieblingsgericht ist Wild vom Grill und ein Wildschnitzel in Kürbiskernpanade, beides schmeckt herrlich«, erzählt uns die Jägerin. Wildfleisch ist bei den örtlichen Jägern zu beziehen und davon machen auch die Eugendorfer GenussWirte im Rahmen ihrer Wildwochen im Herbst Gebrauch.
Wie verhalten wir uns im Wald richtig?
Als Mensch im Wald sollten wir:
• Respekt vor Grund und Boden haben und auf den Wegen bleiben, damit die Ruhezonen der Tiere
nicht gestört werden.
• Im Winter die Fütterungsbereiche meiden, denn flüchtendes Wild verbraucht sehr viel Energie und das kann im Winter gefährlich werden.
• Kitze und Jungtiere nicht anfassen und auf keinen Fall mitnehmen.
• Keinen Müll hinterlassen, es besteht Verletzungsgefahr für die Tiere.