Trachtenmusikapelle: Klangvoll durchs Jahr
28.10.2024
Allgemein, Printmagazin "Anders g'schaut"
28.10.2024
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Weicher Querflötenklang, klarer Trompetensound und flotte Schlagzeugbeats: Wir lauschen
und genießen.
Hier ein Blick hinter die Kulissen bei den Vorbereitungen des Neujahrskonzerts:
Wer freitagabends an der Volksschule Eugendorf vorbeigeht, hat wortwörtlich Musik in den Ohren. Ab 20 Uhr probt dort die Trachtenmusikkapelle. Den Ton gibt Kapellmeister Hans Höllbacher an. Das Repertoire der Kapelle, die vor zwei Jahren ihr 150. Jubiläum feierte, ist vielfältig: Marsch, Polka, Walzer, Ouvertüren, kirchliche Musikstücke, Choräle, symphonische Blasmusik, Trauermärsche, Mitsing-Schlager, Popmusik, Filmmusik. „Eine Trachtenmusikkapelle ist viel mehr als Marsch und Polka, das liegt auch an der mittlerweile sehr guten Ausbildung am Musikum, der Musikschule“, betont Obmann Andreas Rameder. Der 38-jährige Klarinettist ist der Kapelle schon mit 10 Jahren beigetreten, was unüblich früh ist. „Heute gehst mit in die Probe“ hat der Vater damals zu dem Buben gesagt. Sein älterer Bruder war auch schon dabei. Andreas Rameder kam mit – und ist seit mehr als 25 Jahren aktives Mitglied der Kapelle.
Nicht nur das Repertoire der Musikkapelle, sondern auch die Zusammensetzung der Mitglieder ist vielfältig. Unter der Woche gehen die knapp 50 aktiven Mitglieder und fünf Marketenderinnen ihren Berufen nach, vom Arbeiter bis zur Lehrerin, vom Polizisten über den Zimmerer bis zu Landwirt*innen. Manche sind schon in Pension, andere gehen noch zur Schule oder studieren. Das aktuell jüngste Mitglied, Martin Fagerer, ist 13 Jahre alt und spielt am Schlagwerk. Das älteste Mitglied, Martin Aichriedler, ist mit 84 Jahren nicht nur Ehrenkapellmeister, sondern auch seit 70 Jahren aktiv in der Kapelle.
In der Musikkapelle zu spielen ist ein Hobby, das viel Disziplin und Fleiß abverlangt. Jedes Jahr rückt das Orchester weit über 20 Mal aus, um vor Publikum aufzutreten: von der Erstkommunion über das Erntedankfest bis zur Fronleichnamsprozession. Eine kleinere Musikerpartie umrahmt Begräbnisse musikalisch, was es heute längst nicht mehr in jedem Ort gibt. Obmann Andreas Rameder erinnert sich, als Jugendlicher nicht immer motiviert für die Probe gewesen zu sein. Dann hat der Vater ein jedes Mal zu ihm gesagt: „Am Freitag gehst du in die Prob‘“. Das hat sich umgedreht, nachdem der Junior vor 13 Jahren selbst Obmann wurde. „Da hab‘ ich dann zum Vater gesagt: „Am Freitag gehst in die Prob‘“, erzählt er lachend. Wie bleibt er bis heute motiviert? „Man muss abstecken, was einem wichtig ist. Ich sehe das Proben als Entspannung. Es macht mir Freude, am Ende der Woche zwei Stunden lang durchzuspielen und dabei von der Arbeit und vom Alltag abzuschalten“, erklärt der Klarinettist. Ganz wichtig für die Motivation der gesamten Kapelle sei, ein gemeinsames Ziel zu haben und darauf hinzuarbeiten.
Dass sich das Üben auszahlt, findet auch Katharina Monger. Die 24-jährige Hornistin absolviert neben ihrem Lehramtsstudium gerade die Ausbildung zur Kapellmeisterin. Diese wird sie als nur eine von drei Frauen in ihrem Jahrgang nach drei Jahren im Sommer 2025 abschließen. „Natürlich ist das Üben viel Aufwand, aber es steht absolut für das Ergebnis. Bei neuen Stücken üben wir auch viel allein auf den eigenen Instrumenten. Freitags in der Probe zu hören, wie alle Instrumente im Orchester zusammen klingen, ist jedes Mal wirklich schön.“ Auf größere Konzerte wie das traditionelle Neujahrskonzert am 5. Jänner wird Monate lang hingearbeitet. „Mitzubekommen, wie begeistert das Publikum unsere Stücke aufnimmt, ist ein unbeschreiblich tolles Gefühl.“
Mit ihren 24 Jahren gehört Katharina Monger zu jenen 30 Musizierenden, die unter 30 Jahre alt sind. Für noch mehr Nachwuchs sorgt sie bereits selbst: Sie leitet das 2024 ins Leben gerufene Jugendorchester JUBLO. Das ist eine Art übergangsweises Einstiegsorchester, bevor die jungen Musizierenden der Kapelle beitreten können. Als unterstützende Begleitung spielen auch aktive Jungmusiker*innen aus der Kapelle im JUBLO mit. „Man muss sich erst einmal daran gewöhnen, gemeinsam mit anderen zu spielen und aufeinander zu hören“, erklärt Katharina Monger. Als Vorbereitung auf das JUBLO wiederum gibt es in der Volksschule das Projekt Bläserklasse. Dort können Schüler*innen der 3. und 4. Klasse an einem Nachmittag pro Woche ein Instrument lernen und gemeinsam musizieren. Die ersten musikalischen Schritte machen die meisten Kinder im Musikum. Dafür verleiht die Trachtenmusikkapelle bei Bedarf auch Leihinstrumente. „Auch ich spiele nach wie vor auf einem von der Kapelle ausgeborgten Horn“, erzählt Katharina Monger. Sie war im Teenageralter beim Tag der offenen Tür auf die Musikkapelle aufmerksam geworden. „Dort habe ich mehrere Instrumente ausprobiert. Das einzige, bei dem ich gleich am Anfang einen Ton herausbrachte, war das Horn. Da beschloss ich, es zu lernen“, erzählt sie. Vor einem Jahr erhielt die Hornistin ihre zehnjährige Mitgliedschaftsauszeichnung: das Ehrenzeichen in Bronze des Salzburger Blasmusikverbandes.
Heute schätzt Katharina Monger am Horn vor allem den eher weichen, ruhigen Klang, den großen Tonumfang, die verschiedenen Klangfacetten und die Möglichkeit, auch Begleitungen und Gegenmelodien zu spielen. Besonders viel Freude macht ihr das Spielen in der Gruppe. „Man hat als Orchester viel mehr Möglichkeiten, als nur Solostücke zu spielen und lernt spielerisch voneinander“. So wie die Instrumente zusammenwirken, wachsen auch die Mitglieder der Musikkapelle als Gemeinschaft zusammen. „Das Musizieren verbindet – wir spielen gemeinsam, rücken gemeinsam aus und feiern gemeinsam“, sagt die Hornistin. Dabei sind schon viele Freundschaften fürs Leben entstanden. Auch aus dem Gemeindeleben ist die Musikkapelle nicht wegzudenken. Ob beim Trachtlerfest, Landjugendfest oder Faschingsball, sie gestaltet die dörflichen Feste verlässlich musikalisch mit. Obmann Andreas Rameder: „Unsere Auftritte bereichern die Feste, die Musik macht den Leuten Freude, sie haben Spaß und das tut der Dorfgemeinschaft gut.“
Zurück in die Volksschule Eugendorf: Am Freitag gegen 22 Uhr ist die Probe beendet. Wer noch Zeit und Lust hat, setzt sich im Gasthaus Gschirnwirt zusammen. Es ist das Stammlokal der Musiker*innen. Und die Wirtin, Johanna Schinagl, freut sich jedes Mal über die musikalischen Gäste. Sie ist die Fahnenmutter der Trachenmusikkapelle.
Trachtenmusikkapelle: Musikalisches Ensemble, das in Tracht auftritt. Das Wort „capella“ oder „cappella“ bezog sich ursprünglich auf sakrale Gegenstände und Gebäude wie kleine Kirchen, Kapellen.
Klang- und Spieltradition österreichischer Blasmusikkapellen: Sie entstand im 19. Jahrhundert aus den Regimentskapellen der k.u.k.-Monarchie und zählt heute zum Immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO.
Ausrückung: öffentlicher Auftritt einer Musikkapelle, zum Beispiel bei dörflichen oder kirchlichen Festen
Kapellmeister*in: Ist die Musikalische Leitung einer Kapelle und dirigiert das Ensemble
Stabführeri*in: Leitet die Musikkapelle beim Marschieren und Musizieren, indem er/sie mittels Stab („Kü“) das Kommando vorgibt
Marketenderin: Mädchen oder Frau im Dirndlkleid, die eine Blasmusikkapelle begleitet und die Musizierenden mit Getränken versorgt
Fahnenmutter: Die Schirmherrin der Fahne der Musikkapelle steuert den größten Teil der Kosten für die Fahne bei und tritt bei besonderen Anlässen öffentlich auf.
Das traditionelle Orchester der Trachtenmusikkapelle Eugendorf besteht aus Holzblasinstrumenten (Querflöte, Klarinette, Saxofon; Oboe und Fagott fehlen derzeit) und Blechblasinstrumenten (Flügelhorn, Trompete, Horn, Tenorhorn, Posaune, Tuba) plus Schlagwerk. Bei allen Instrumenten gibt es eine Stimmenunterteilung in erste, zweite, dritte Stimme und Bass. Die erste Stimme hat den höchsten technischen Anspruch und wirkt stimmführend, um den anderen Stimmen Orientierung zu geben.